Frankfurt am Main, 14.–16. November 2025. Unter dem Motto „Louder than Ever“ hat die BundesNetzwerkTagung des queeren Sports (BuNT) 2025 die queere Sportcommunity aus ganz Deutschland in Frankfurt am Main zusammengebracht.
Veranstaltet wurde die BuNT von der Sportjugend Hessen. Das dreitägige Programm bot Fachvorträge, Workshops, politische Diskussionen und Raum für Vernetzung – mit dem Ziel, die Strukturen des organisierten Sports nachhaltig diskriminierungssensibel und inklusiv zu gestalten.
Auftakt mit politischen Impulsen und Filmpremiere
Marie-Theres Hellenkamp (Vorstandsmitglied der SJH, Referat Vielfalt) begrüßte die Teilnehmenden und eröffnete die BuNT 2025, die erstmalig von einer Sportjugend ausgerichtet wurde: „Sport ist nicht nur Bewegung, er ist auch Begegnung. Er ist der Spiegel unserer Gesellschaft und die Werte, die ihn tragen – Fairness, Teamgeist, Respekt, Solidarität und Teilhabe – gelten für alle“, so Hellenkamp. Weiter appellierte Hellenkamp an die Sportorganisationen, dass Sicherheit, soziale Teilhabe, Akzeptanz und Selbstbestimmung auch zur Gesundheitsförderung beitragen, ebenso wie Bewegung und damit ein wichtiges Ziel sein sollte, für alle Räume und Angebote zu schaffen: „Wir haben die Verantwortung, queere Rechte und Sichtbarkeit im Sport aktiv zu schützen und zu fördern. Der Sport kann Barrieren abbauen, aber nur, wenn er bereit ist, sich selbst zu reflektieren“, forderte Vorstandsmitglied der SJH Hellenkamp.
Im Anschluss begrüßte die Frankfurter Stadträtin, Ina Hauck, die Teilnehmenden in der Sportschule Frankfurt: „Louder than ever ist genau das richtige Signal, es zeigt Entschlossenheit und Mut in einer Zeit, in der die Rechte wieder infrage gestellt werden“, so die ehrenamtliche Stadträtin Hauck.
Als Vertreterin der Stadt Frankfurt, dankte Hauck den angereisten Teilnehmer*innen und freut sich auf den Austausch und die Ergebnisse: „Nur gemeinsam können wir lernen, wachsen und die Stadt Frankfurt noch offener und gerechter gestalten“, dankte Hauck, die sich freut, dass die EuroGames 2028 in Frankfurt ausgerichtet werden (Eurogames: die weltweit größte LSBTIQ*-Sportveranstaltung, die mit 20 Disziplinen zum zweiten Mal nach 1995 in die Metropolregion ausgerichtet wird).
Intersektionalität und historische Kämpfe
Seitens Organisationsteam der Sportjugend Hessen gab Alex Faulhaber einen Überblick, was die Teilnehmenden erwartet und warum diese Themen als Schwerpunkt gewählt wurden: „Für uns war es wichtig, im Programm Intersektionalität abzubilden. Uns ist bewusst, dass queere schwarze Menschen, queere arme Menschen, queere Menschen mit Behinderung und weitere unterschiedlich betroffen sind. Wir stellen uns dagegen, dass Minderheiten gegeneinander ausgespielt werden“, so Fauhlhaber. Gleichzeitig stellte die Sport- und Politikwissenschaftlerin die politische Rahmung und Bedeutung der BuNT heraus, die stets auch immer politisch war und ist: „Februar 2025 bedeutet, das Selbstbestimmungsgesetz ist erst wenige Monate in Kraft – ein Gesetz, das endlich das in Teilen grundgesetzwidrige sogenannte Transsexuellengesetz ablöste. Ein Fortschritt hinsichtlich gleicher Rechte, mehr Selbstbestimmung und mehr Sichtbarkeit für tin Personen – also trans, inter und nicht binären Personen. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, wie sehr die Einführung des neuen Gesetzes begleitet war von populistischen Narrativen, Anfeindungen und Verzerrungen.
Auftakt mit Filmpremiere „Queere Sportgeschichte(n)
Am Abend erlebten die Teilnehmenden die Filmpremiere „Queere Sportgeschichte(n) – ein intergenerationaler Austausch“ von Toni Kelm, die im Auftrag der Bildungsakademie des Landessportbundes Hessen entstanden war.
Workshops zu Intersektionalität, Geschlechtergerechtigkeit und Empowerment
Sandra Günter und Annika Schwark des Instituts für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover eröffneten den zweiten Tag mit einem Impulsvortrag zum Thema „Intersektionale Perspektiven auf Macht, Ausschlüsse und notwendige Veränderungen in Sportorganisationen“. Prof. Günter erklärte mit eindrücklichen Grafiken die Intersektionalität – die Überschneidung von diskriminierenden Formen wie Geschlecht, Rasse und Herkunft.
Annika Schwark stellte ihre Forschungsergebnisse zur Diversität auf Führungsebenen im Sport vor und erklärte den Begriff „Happy Talk“ und der Diskrepanz zwischen Sein und Schein. Oft werden Positionspapiere und Dokumente oder Gleichstellungsberichte veröffentlicht, die Diversität fordern und man sich dem Thema angenommen hat, aber ein aktives Handeln und Umsetzen danach fehlt! Um diesem „Pink Washing“ zu entgehen, wurden drei Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt:
- Die Gesamtorganisation muss die Aufgabe wahrnehmen und umsetzen
- Diversity Management muss extern begleitet werden und eine Handlungsempfehlung ist kritisch mit sich selbst umzugehen und Schwächen anzugehen und die eigenen Strukturen zu hinterfragen und ggf. anpassen.
- Role Models nutzen und Best-Practice-Beispiele aufzeigen, um Veränderungen hinzuzufügen.
In zwei Workshopphasen arbeiteten die Teilnehmenden zu einer großen Bandbreite an Themen, wie Star Wars – Angriffe auf gendersensible Sprache (Angelika Ribler, Referatsleitung Jugend- und Sportpolitik), Queere Kinder und Jugendliche im Sport (Heik Zimmermann), Intersektionalität und Diversität im Vereinssport (Franciska R. Petsch) oder Queer Joy und Sport (Anna Henkel & Isa Pietsch).
Am Nachmittag fand ein Podium zu intersektionalen Unterstützungsstrukturen und Safer Spaces statt - unter anderem mit Sophie Koch (Beauftragte der Bundesregierung für Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt) und Alice Drouin (LSVD Berlin-Brandenburg), Hunter De Troy, Johanna Katharinen (dgti Beratung und Lehramt) Nico Heidl (Student soziale Arbeit, Leitung eines Jugendtreffs), und Raphael Fritz (AIDShilfe Frankfurt/Rainbow Refugees).
In der Diskussion wurden wichtige Schritte erwähnt, die es benötigt, um mehr Diversität zu erlangen. Dazu gehört es, Allys (Ally: englischer Begriff für Verbündete) weiter zu unterstützen, damit diese als weitere Multiplikator*innen helfen, offenere Räume zu gestalten. Ebenso benötigt es „Braver Spaces“ (übersetzt: mutigere Räume), in denen eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit, Mut zur Verletzlichkeit herrscht und eine Voraussetzung der Lernwilligkeit vorhanden ist.
Die Beauftragte der Bundesregierung betonte die Arbeit der Sportjugenden: „Ich merke, dass die Sportjugenden einfach agiler sind, um sich mit mehr Themen zu befassen und mehrere Themen mit reinzunehmen. Jugendorganisationen sind schneller, um sich zu vernetzen und sich zusammenzutun und dass wir bei jungen Menschen eine andere Grundlage haben!“, so Koch. Die Queerbeauftragte antwortete auf die Frage, was sie sich von der Politik wünscht: „Ich erwarte nicht, dass Bundeskanzler Friedrich Merz mit einer Regenbogenflagge wehend schwenkend aus dem Bundeskanzleramt kommt. Aber ich erwarte, dass sich der Bundeskanzler hinter uns stellt, wenn wir angegriffen werden.“
Abschluss mit europäischer Perspektive und Blick nach vorn
Der Sonntag startete mit einem Input von André Wenzel und Tim Schlunski, die Ergebnisse des europäischen +PLUSS Projekts zur Entwicklung der LSBTQI+ Sportbewegung vorstellten.
Ausrichter für BuNT 2026 gesucht
Abschließend stellte sich die BuNT Net e.V. vor und übernahm das Staffelholz, da ein neuer Ausrichter für 2026 noch gesucht wird.
Digitale Seminarreihe im Vorfeld
Bereits vor der Veranstaltung hatte die Bildungsakademie des Landessportbundes Hessen eine fünfteilige Online-Seminarreihe angeboten. Themen waren u. a. geschlechtliche Vielfalt, gendersensible Sprache und die Gestaltung geschlechterinklusiver Sportveranstaltungen. Die Reihe diente als inhaltlicher Auftakt zur BuNT 2025.
Vielfalt im Sport sichtbar und hörbar gemacht
Mit einem breit gefächerten Programm, intersektionalen Perspektiven und vielfältigen Praxisbeispielen setzte die BuNT 2025 ein klares Zeichen:
Vielfalt gehört in die Mitte des Sports – sichtbar, hörbar, selbstverständlich.
Mehr Infos zur unserem Projekt MoveQueer und queeren Themen findest du hier